Dass an einem Tag wie heute, wenn in Rio de Janeiro die 31.
Olympischen Spiele der Neuzeit eröffnet werden, in erster Linie der Sport im
Vordergrund steht, ist zwangsläufig. Zeitungen, Radio- und Fernsehprogramme
ebenso wie Internet-Portale sind angefüllt mit Nachrichten und Informationen
über die Aussichten der Athleten in ihren jeweiligen Sportarten auf der Jagd
nach Gold, Silber und Bronze.
Gelegentlich mischen sich darunter aber auch kritische
Berichte über russisches Doping, brasilianische Wirtschaftskrisen oder
deutsches Sportfunktionärsgebahren.
All diese Informationen benötigen Platz in der Berichterstattung,
Platz der für andere Themen fehlt und diese in den Hintergrund rücken lässt.
Darunter Ereignisse, die knapp 16 Flugstunden von Rio entfernt stattfinden.
Denn genau so weit wie auch Hamburg oder Bremen von Rio entfernt sind, ist auch
Aleppo entfernt. Die syrische Stadt, in der der Krieg auf entsetzlichste Weise
tobt. Aleppo, der Ort, an dem im selben Moment, wo in Rio Medaillen für einen
100 Meter Sprint gefeiert werden, Kinder keine Chance haben, vor Bomben und
Granaten davon zu laufen.
Wenn in Rio die Schwimmer im Eiltempo durch das Wasser
pflügen, durchpflügen die Menschen in Aleppo in Todesangst die Trümmer der
Stadt nach trinkbarem Wasser. Wenn die Sportschützen nach fairen Regeln um die
Medaillen kämpfen, werden in Aleppo Heckenschützen wehrlose Bewohner
erschießen.
Das klingt drastisch. Doch die Welt ist drastisch, und
obwohl wir Menschen in der Lage sind, Ereignisse auszublenden, finden sie
dennoch statt.
Der Zeitpunkt einer Olympiade dauert 4 Jahre und wird durch
die Spiele abgeschlossen. Exakt diese 4 Jahre dauert nun auch der Krieg in
Syrien an. Seit den Spielen von London 2012 sind also weit mehr als eine
Viertelmillion Menschen im syrischen Bürgerkrieg gestorben.
Die Bombardements werden nicht eingestellt werden, wenn über
dem Maracana ein buntes Feuerwerk entzündet wird. Wir werden dies nicht ändern
können – auch wenn es mit unserem Leben mittlerweile mehr zu tun hat, als die
Spiele von Rio. Es ist letztlich unerheblich, wer wie viele Medaillen gewinnen
und mit nach Hause bringen wird. Es ist viel erheblicher, dass dieses Zuhause
von Menschen aufgesucht wurde und weiterhin wird, die Zuflucht vor dem Krieg
suchen. Die Folgen des Krieges sind vielmehr unser Alltag geworden.
Wir sollten dies bedenken, während dieser Olympischen Spiele
von Rio de Janeiro 2016. Denn es ist nicht zu erwarten, dass während der
Olympischen Spiele, wenn sich die Jugend der Welt zu friedlichen Wettkämpfen
trifft, die blutigen Kämpfe in Syrien ruhen. Man sollte vielmehr die Spiele
ruhen lassen, bis der Krieg ruht.
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